Albert Steffen





A
lbert Steffen (*10. Dezember 1884 in Wynau; †13. Juli 1963 in Dornach) war ein Schweizer Schriftsteller und Anthroposoph. Nach dem Tode Rudolf Steiners war Steffen ab 1925 dessen Nachfolger als Vorsitzender der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft.

Leben

Albert Steffen wurde als drittes von sechs Kindern eines Landarztes geboren. Mit fünf Jahren verlor er seinen um zwei Jahre älteren Bruder. Die Primarschule besuchte er in wynau, die Sekundarschule in Langenthal. Mit vierzehn Jahren kam er nach Bern, um die Aufnahmeprüfung in das Gymnasium zu bestehen; er fiel zunächst durch und gelangte nur in die Quarta anstelle der Tertia. Er fühlte sich zurückgesetzt, schämte sich und zog sich in die Einsamkeit zurück. Seine Gedanken und Gefühle vertraute er dem Tagebuch an – das er bis zu seinem Tod führte – und begann so seine schriftstellerische Tätigkeit. 1904 bestand er die Matura. In Lausanne studierte er ab 1904 auf Wunsch des Vaters, der ihm seine Arztpraxis übergeben wollte, Medizin. In Auseinandersetzung mit dem Medizinstudium geriet Steffen in eine existentielle Krise, in deren Verlauf er sich entschloss, Dichter zu werden und durch das Wort therapeutisch zu wirken. Er beschäftigte sich intensiv mit Nietzsche und Dostojewski. Dagegen befriedigte ihn das naturwissenschaftliche Studium nicht: „(...) die Natur erlöste mich nicht“. Im April 1905 begann er ein geisteswissenschaftliches Studium in Zürich, das er ab Herbst 1906 in Berlin weiterführte.
„Es war mir eindeutig bewusst geworden, dass ich, wenn ich nicht verkümmern sollte, Dichter werden musste, worunter ich allerdings etwas verstand, was es heutzutage kaum mehr gibt, nämlich eine Synthese von Wissenschaft, Kunst und Religion auf der Grundlage der grossen Menschheitsideen.“ (aus: Mein Lebensentschluss)
In Berlin schickte er seinen ersten Roman Ott, Alois und Werelsche dem Berliner Verleger Samuel Fischer, der ihn tatsächlich veröffentlichte und damit Steffen als neuen Schweizer Dichter bekannt machte. 1907 hörte er in Berlin den ersten Vortrag Rudolf Steiners, begegnete ihm persönlich jedoch erst knapp vier Jahre später in München, wo er zwischen 1908 und 1920 lebte. Hier entstanden auch vier weitere Romane, die alle vom S. Fischer Verlag veröffentlicht wurden.
In seiner Münchner Zeit trat er der damals von Steiner geleiteten Deutschen Sektion der Theosophischen Gesellschaft (DSdTG), einem Ableger der Theosophischen Gesellschaft Adyar (Adyar-TG) bei. Die Jahreswende 1912/13 brachte die Trennung der DSdTG von der Adyar-TG und die Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft. Steffen folgte der Richtung Steiners und wurde Anthroposoph. Im Sommer 1914 arbeitete er am Bau des ersten Goetheanums mit.
In München lernte Albert Steffen den polnischen Maler Stanislaus Stückgold mit dessen Frau Elisabeth und der schwerbehinderten Tochter Felicitas kennen. 1920 ging Elisabeth Stückgold in Begleitung von Albert Steffen nach Dornach, um von Steiner Rat für die Tochter zu erbitten. Dort übernahm Steffen auf Wunsch Steiners die Redaktion der neu gegründeten Wochenschrift Das Goetheanum, die er bis zu seinem Tode beibehielt.
Zur Jahreswende 1923/24 ernannte Steiner Albert Steffen zum stellvertretenden Vorsitzenden der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft. Wegen der immer engeren Verbindung Steffens mit der Anthroposophie wurden die Werke Steffens ab 1919 nicht mehr vom S. Fischer Verlag herausgegeben, worauf Steffen 1928 einen eigenen Verlag, den Verlag für schöne Wissenschaften, gründete.
1925, nach Rudolf Steiners Tod, wurde er Vorsitzender der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft. 1935 heiratete er die inzwischen verwitwete Elisabeth Stückgold (1889–1961).
Im Juni 1946 veröffentlichte er mit dem Nationalrat Emil Anderegg einen Aufruf an das Schweizervolkmit der Forderung, die Schweiz im Sinne Henri Dunants zu einer politisch neutralen „Oase der Menschlichkeit“ zu gestalten.
1951 erhielt er für seinen Roman Aus Georg Archibalds Lebenslauf und nachgelassenen Schrifteneinen Preis der Schweizerischen Schillerstiftung.
Albert Steffen starb am 13. Juli 1963 im Alter von 79 Jahren. Sein Nachlass wird von der Albert Steffen Stiftung in Dornach verwaltet.

Bewertung seines literarischen Schaffens

Anders als das lyrische Werk von Christian Morgenstern, dem bekanntesten Dichter in der Frühgeschichte der anthroposophischen Bewegung, ist Albert Steffens literarisches Schaffen, selbst in seinen Hauptwerken, ausserhalb der Anthroposophie kaum (mehr) bekannt. Er gehört trotz seines umfangreichen Oevres zu den vergessenen Schweizer Dichtern des 20. Jahrhunderts, zusammen etwa mit Alfred Fankhauser, Siegfried Lang oder otto Wirz.
Seine literarische Qualität ist unter Fachleuten umstritten. Während sein Werk von Germanisten wie Walter Muschg oder Fritz Strich und dem österreichischen Philologen Friedrich Hiebel – Anthroposoph und Freund Steffens – als wesentlicher Teil literarischer Neuerungen innerhalb des 20. Jahrhunderts gesehen wurde, wertete Emil Ermatinger seine frühen Dichtungen als „zarte Blüten einer reingestimmten Seele“, seine späteren dagegen als „künstliche Glasblumen, deren helle Durchsichtigkeit nicht die Rätsel des Lebens, sondern die Gemeinlehren einer religiösen Sekte erschliesst“. Andere machten in seinen Werken „oft genug (...) Gestalten ohne individuelles Leben, also blosse Allegorien“ aus.
Daneben hat Steffens Bühnenstück Der Sturz des Antichrist – nebst einzelnen Gedichten – durch die Vertonung des Komponisten Viktor Ullmann eine gewisse Popularität erfahren. Nach der Wiederaufführung dieses Mysterienspiels 1995 in Bielefeld ist es 2008 vom Theater Greifswald neuinszeniert worden.


Quelle: Wikipedia

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